Beeindruckend, wie rasch Unternehmen mit neuen Geschäftsmodellen auf die Krise antworten: Homeoffice ist der neue Standard, Bäckereien werden zu Lieferdiensten und Yoga-Kurse finden online statt. Doch wie erleben deine Kunden diesen Wandel? Prüfe deine Geschäftsideen aus Sicht der Kunden – mit UX in 4 Schritten.

Als sich der erste Schock des Lockdowns allmählich legte, liessen Unternehmen nicht lange auf sich warten. Eine Fülle an neuen Geschäftsideen gebaren. Lieferdienste und Online Shops sprossen wie Pilze aus dem Boden.
Tief beeindruckt, freue ich mich über diese Wandelfähigkeit. Doch eine Frage bleibt: Wie kann ein Unternehmen herausfinden, welche neuen Angebote die Kunden wirklich brauchen?

Damit dein Unternehmen mehr Sicherheit gewinnen kann, habe ich diese vier Schritte aus User Experience zusammengestellt. Ziel ist es, diese möglichst schnell zu durchlaufen, um Angebote zu testen und zu optimieren. Die Übungen sind aufs Wesentliche reduziert, damit du diese ohne Vorkenntnisse durchspielen kannst – mit deinem Team oder alleine. Das ganze klappt auch prima virtuell mit Tools wie Miro. Am Ende des Artikels findest du PDF-Templates. Meine Hoffnung ist, Unternehmen damit zu unterstützen und vor «Aktionitis» zu bewahren.

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Stakeholder Map & Bedürfnisse

1 – Überblick gewinnen

Es ist verlockend, in diesen Zeiten gleich neue Angebote zu kreieren. Doch zuerst verschaffen wir uns einen Überblick vom grossen Ganzen. Dazu entwickeln wir eine Stakeholder Map. Stakeholder sind Firmen oder Personen, die ein berechtigtes Interesse an deinem Unternehmen haben. Die Map zeigt auf einen Blick, in was für einem Netz wir uns befinden. Wir treffen Annahmen, wie es den Stakeholder zur Zeit geht. Anschliessend nehmen wir Kontakt auf, um herauszufinden, wie gut wir mit unseren Einschätzung liegen.

Übung: Stakeholder Map

  1. Notiere deinen Firmennamen und schreibe ringsherum alle Stakeholder auf, die mit deinem Unternehmen in einer Beziehung stehen. (Beispiele: Lieferanten, Regierung, Kunden, Medien, Mitbewerber, Umwelt, Unterstützer, Banken, Mitarbeitende etc.)
  2. Kannst du Stakeholder gruppieren? Fasse diese unter einem Stichwort zusammen.
  3. Markiere die Stakeholder, die besonders relevant für dein Unternehmen sind. Notiere darunter deine Annahmen, vor welchen Herausforderungen diese momentan stehen und welche Bedürfnisse diese haben.

Übung: Gespräche mit Stakeholder

  1. Nimm Kontakt mit möglichst vielen Stakeholder auf – per Telefon, Videocall, E-Mail oder physisch.
  2. Sprich über deine momentane Situation und frage nach der Ihren. Es geht hier um mehr als eine Übung. Du pflegst damit Beziehungen. Sei empathisch, offen und ehrlich.
  3. Überprüfe nach dem Gespräch, ob deine Annahmen zutreffen. Revidiere falsche Annahmen oder füge neue Informationen hinzu.
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Herausforderung formulieren & Ideen sammeln

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Priorisieren

2 – Ideen sammeln und priorisieren

Durch die Gespräche mit den Stakeholder bekommen wir ein Gefühl dafür, was momentan relevant ist und was nicht. Nun kommt der kreative Part. Welche neuen Angebote können wir kreieren? Sammle mit deinem Team Ideen. Die Vielversprechendsten werdet ihr anschliessend priorisieren.

Übung: Eigene Herausforderung formulieren

  1. Schreibe auf, was aktuell die Herausforderung für dein Unternehmen ist. (Beispiel: Wir müssen den Laden wegen des Lockdowns geschlossen halten. So können wir keine Kunden erreichen und nichts verkaufen.)
  2. Formuliere die Herausforderung in ein Chance um. (Beispiel: Wie können wir unser Unternehmen trotz geschlossenem Laden weiterhin rentabel betreiben und unsere Kunden glücklich machen?)

Übung: Ideen sammeln

  1. Sammle im Team Ideen für neue Angebote – jede*r für sich.
  2. Stellt die Ideen in der Runde einander vor.
  3. Inspiriert von den Ideen macht ihr eine zweite Runde und sammelt weitere Ideen.
  4. Nun vergibt jede*r drei Stimmen für die vielversprechendsten Ideen. Behaltet die Bedürfnisse der Stakeholder im Hinterkopf.
  5. Markiert alle Ideen mit mindestens einer Stimme.

Übung: Priorisieren

  1. Platziert nun die markierten Ideen auf der Aufwand-Wirkung Matrix. Auf der x-Achse schätzt ihr den Aufwand und auf der y-Achse die Wirkung für euer Unternehmen ein. So könnt ihr das Potenzial abwägen.
  2. Konzentriert euch auf die Ideen in der oberen Hälfte. Diese weisen eine hohe Wirkung auf. (Links die schnellen, rechts die aufwändigen Ideen.) Die untere Hälfte könnt ihr vernachlässigen. Diese Ideen bedeuten wenig Wirkung.
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Service Map

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Aktionsplan

3 – Den Weg des Kunden skizzieren

Nun möchten wir genauer auf die Ideen eingehen und schauen, was es für die Umsetzung braucht. Wir erstellen eine Service Map. Darin gehen wir gedanklich die Schritte durch, wie der Kunde das neue Angebot erlebt (Customer Journey). Auch welche Prozesse in deinem Unternehmen dafür notwendig sind. Weiter erstellen wir einen Aktionsplan.

Übung: Service Map

  1. Die Spalten in der Service Map zeigen die Phasen, die die Kunden bei unserem Angebot durchlaufen – vom Kennenlernen des neuen Angebotes, über den Kauf bis hin zur Weiterempfehlung. Notiere in jedem Feld die Berührungspunkte (Touchpoints). (Beispiel: Social Media Post, Website, Google Maps, Empfang, Kaffee, Quittung, Gutschein etc.)
  2. Darunter listest du die Prozesse auf, die für dein Unternehmen nötig sind, damit alles reibungslos funktioniert.
  3. Es kann helfen, die Service Map einander laut vorzustellen. Damit kommen Logikfehler schneller zum Vorschein.

Übung: Aktionsplan

  1. Ausgehend von der Service Map stellen wir uns die Frage: Wie könnte eine minimale Version unseres Angebotes aussehen?
  2. Wir listen die Aufgaben auf, die es für die Umsetzung des Angebotes benötigt und ergänzen, wer diese bis wann umsetzt.
  3. Versucht das Angebot so rasch als möglich auf die Beine zu stellen, damit ihr es testen könnt. Fragt euch immer wieder, was ist für den Kunden relevant und was können wir weglassen?
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Der Innovations-Kreislauf: Von der Analyse zur Idee, vom Testen und zum Messen. Und das Ganze wieder von vorne.

4 – Testen, testen und ja, testen!

Der spannendste Moment eines neuen Angebotes geschieht, wenn es auf Kunden trifft. Hier zeigt sich, was funktioniert und wo wir noch optimieren dürfen. Gute Services und Produkte fallen nicht vom Himmel. Sie sind das Resultat von unzähligen Korrekturrunden. Auch diese vier UX-Schritte darfst du als Kreislauf verstehen. Wir sammeln Bedürfnisse, kreieren ein neues Angebot und testen es in hoher Geschwindigkeit. Anschliessend reflektieren wir, was hat funktioniert und was nicht. Wir bleiben mit unseren Kunden und Stakeholder im aktiven Gespräch. Von ihnen erhalten wir wertvolle Einblicke, wie sie unser Angebot erleben.

Übung: Fragen an Kunden

  1. Wie erlebst du unser Angebot?
  2. Was würde es für dich noch attraktiver machen?
  3. Was findest du nicht so toll?
  4. Gibt es noch etwas, was du hinzufügen möchtest?
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Die Stakeholder Map, Ideen, Aufwand-Wirkung Matrix, Service Map und Aktionsplan als PDF verfügbar.

Zu guter Letzt: Kostenlose Templates

Gerne stelle ich die Vorlagen zu den Übungen zur Verfügung. Falls dir dieser Artikel gefallen hat und du an UX und Branding interessiert bist, empfehle ich dir meinen Newsletter «Board». Ich wünsche dir viel Erfolg beim Schärfen deiner Angebote. Gerne darfst du dich melden, wenn du Fragen hast.

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