Ob ich wieder einen Jahresrückblick mache, fragte mich ein Kollege kürzlich. Et voilà! Pünktlich zum Jahreswechsel nehme ich dich mit auf die Reise durch Herrn Bürlis 2021. Es geht um Käse, eine Kunstaktion und meinen Umgang mit einer Auftragsflaute. Und natürlich wie jedes Jahr auch um meinen Umsatz.

«Ich fühle, dass ich noch ganz am Anfang stehe.» Das Zitat stammt von Spitzenkoch Daniel Humm, der in New York eines der weltbesten Restaurants führt. Die Krise traf auch ihn hart. Er nutzte sie, um sein Restaurant neu zu denken, und entschied sich dazu, fortan vollends auf tierische Produkte zu verzichten. In der Spitzenküche ein Novum – für Humm ein radikaler, mutiger Schritt.

Wie Daniel Humm habe auch ich mir die Frage gestellt: «Wie reagiere ich als Unternehmer auf Turbulenzen? Wie erfinde ich mich neu?» Gerne nehme ich dich mit auf eine Reise voller Begegnungen und Herausforderungen. Legen wir los!

Die Aufträge, die Herrn Bürli bewegen

Dieses Jahr reichten die Anfragen vom Emmental bis nach Israel, von NGOs, Vereinen bis hin zu Corporates. Es juckt mich jeweils unter den Fingernägeln, mehr zu meinen Aufträgen zu schreiben. Leider sind viele vertraulich, deshalb muss ich mich zurückhalten. Ich hoffe allerdings sehr, dass diese Alles-Geheimhalten-Krankheit irgendwann einmal ausstirbt!

Wie letztes Jahr durfte ich die Migros Aare bei Innovationsprojekten begleiten. Ich arbeite  jeweils in kleinen Teams mit, die mit hoher Geschwindigkeit neue Geschäftsideen testen. Da gehört es manchmal auch dazu, dass Projekt nach einer kurzen Testphase wieder beendet werden.

Das Schweizerische Rote Kreuz Kanton Bern begleitete ich als UX Berater beim Relaunch ihrer Website. Es war ein anspruchsvolles Projekt mit vielen Stakeholdern. Bei diesem Projekt ist mir klar geworden, dass es bei Webprojekten generell eine Lücke zwischen Unternehmen und Webdienstleistenden gibt. Es fehlt oft eine unabhängige Person, die die Erfahrung in solchen Projekten mitbringt – und dabei nicht eine Lösung (ihre eigene) verkaufen will. Ich hatte in letzter Zeit mehrere Aufträge in diese Richtung. Für mich zeichnet sich deshalb hier ein Geschäftsfeld ab.

Eine weitere spannende Zusammenarbeit entstand mit Emmentaler Switzerland. Das Projekt war ein reiner UX Research Auftrag. Fabienne Stoll und ich unterstützten den König des Käses dabei, seine Nutzer:innen besser zu verstehen, indem wir vor Ort Interviews mit Kund:innen organisierten und die Geschäftsleitung ins UX-Mindset einführten. Die Aha-Momente, die sich daraus ergaben, waren für alle Anwesenden sehr eindrücklich. Und sie zeigten wieder einmal deutlich auf, wieviel Potential in UX Research liegt!

Neben den grösseren Engagements gehörten auch dieses Jahr wieder viele Workshops ins Programm. Dabei ging es oft um Brand Strategie. Beispielsweise «Northling». Ole, Norweger und ehemaliger State Secretary of the Norwegian Ministry of Finance (kein Witz!) startete in Basel ein neues Leben mit seinem Laden für lebendige Inneneinrichtung. Zusammen mit Roman von «Visuelle Fabrik» erarbeiteten wir mit dem Kunden die Positionierung. Anschliessend erarbeiteten Roman und seine Frau ein wunderbares Erscheinungsbild.

Ganz ähnlich gestaltete sich ein Auftrag für das neue Bistro «Apotheker» in Bern. Mein langjähriger Kollege Michael Aerni und ich begleiteten die Ausrichtung der Marke, und anschliessend setzte Michael den Auftritt um.

herr-buerli-2021-impressionen_1

Neujahrs-Retraite

herr-buerli-2021-impressionen_2

herr-buerli-2021-impressionen_23

Zuwangs im Brownbag-Team

herr-buerli-2021-impressionen_22

Piece-of-Cace-Canvas für das gemeinsame Projekt mit der AgenturBaselWest

herr-buerli-2021-impressionen_21

Mit Köbi bei den InnoArchitects

herr-buerli-2021-impressionen_20

Dom, die Code-Maschine von Panter AG

herr-buerli-2021-impressionen_19

herr-buerli-2021-impressionen_18

Videocall-System auf Rollen – Patent angemeldet

herr-buerli-2021-impressionen_17

Zu Besuch Roman & Linda von «Visuelle Fabrik»

herr-buerli-2021-impressionen_16

Social Media Post zu Verpackungsflips, die sich in Wasser auflösen

herr-buerli-2021-impressionen_15

Bis wir Joni da wieder rauskriegten...

herr-buerli-2021-impressionen_14

Gemeinsamständigkeit-Stammtischtreff

herr-buerli-2021-impressionen_13

Kurtli-Retraite: Unser Storytelling-Bot

herr-buerli-2021-impressionen_12

herr-buerli-2021-impressionen_11

Inspiriert durch die UX-Serie, zeichnet Beni Bracher eine Customer Journey seiner Clienten

herr-buerli-2021-impressionen_10

Pomodoro-Technik

herr-buerli-2021-impressionen_9

herr-buerli-2021-impressionen_8

Wiedereröffnung des Effingers nach längerer Auszeit

herr-buerli-2021-impressionen_7

UX-Serie ist live auf Youtube!

herr-buerli-2021-impressionen_6

Physisches A/B-Testing

herr-buerli-2021-impressionen_5

herr-buerli-2021-impressionen_4

Brownbag in der Pandemie mit Franz Marty zu Afghanistan

Das Dilemma der Auftragsflaute

Trotz reichlicher Aufträge hatte ich im Frühling eine längere Auftragsflaute. Abgesehen vom Lockdown im letzten Jahr war es die Erste seit meiner Gründung. Diese Zeit hat mich einiges gelehrt, was ich in Leitsätzen festgehalten habe.

«Misserfolg ist schambehaftet»: Über Erfolg zu schreiben ist leicht, über Misserfolg brutal schwierig. Dahinter steckt ein Dilemma: Wenn ich als Dienstleister meinen Misserfolg kommuniziere, kann dies Unternehmen abschrecken. Unsere Wirtschaft ist so gepolt, dass wir stets vorgaukeln müssen, wir seien alle erfolgreich. Selbst im Innovationsbereich, wo wir von «fail fast» sprechen, wird schlussendlich Erfolg erwartet. Das führt dazu, dass Unternehmen oft erst handeln, wenn es schon zu spät ist. Misserfolg ist mit Scham behaftet. Ich denke es ist Zeit, dass wir an diesem Paradigma rütteln.

«Misserfolg verleitet zu Fehlentscheidungen»: Bisher hatte ich immer mehr Anfragen für Aufträge als ich annehmen konnte. Ich hatte die Freiheit, frei nach meinem Gusto anzunehmen oder abzulehnen. Während der Auftragsflaute hatte ich diesen Luxus nicht. Dennoch entschied ich, weder unterbezahlte noch unpassende Aufträge anzunehmen. Dies war nicht immer einfach, und war nur dank finanzieller Rücklagen möglich. Längerfristig zahlte sich diese Haltung aber für mich aus.

«Mundpropaganda hat seine Schattenseite»: Die meisten meiner Aufträge stammen von Weiterempfehlungen. Das ist natürlich sehr komfortabel. Wenn diese Akquiseform jedoch leer läuft, kann ich nur bedingt eingreifen. Ich nahm dies als Zeichen, mit meiner Akquise zu experimentieren. Ich aktivierte mein Netzwerk, testete Kaltakquise, traf Partner:innen und nahm an Events teil. Ich bin allerdings kein geborener Verkäufer. Persönliche Begegnungen bleiben für mich deshalb mit Abstand am wichtigsten.

«Klopfe bei deinem Netzwerk an»: Alleine eine Flaute auszuhalten, ist hart. In meinem Fall konnte ich mich mit meinen Kolleg:innen dazu offen austauschen. Beispielsweise hat mich mein Kollege Jonathan Hess kurzerhand zu einem seiner Aufträge mitgenommen. Das hat mir wieder einmal gezeigt, wie wertvoll eine Community wie der Effinger sein kann.

«Krise als Chance nutzen»: Neben meinen Akquise-Experimenten nutzte ich den gewonnen Freiraum, um meinen Seitenprojekten nachzugehen. Ich schrieb etliche Artikel zu UX, drehte Lernvideos, gab Interviews und nahm an Events teil. Wenn ich nun zurückschaue, war es für mich eine hochproduktive, wertvolle Schaffenszeit.

herr-buerli-2021-impressionen_45

Brownbag mit Game Entwickler Alexis Giard

herr-buerli-2021-impressionen_43

Feldstudie beim Bauer «Dänu» für ein Projekt

herr-buerli-2021-impressionen_25

Kunstaktion mit den Gebrüder Riklin: 10 Km lang Steintafeln schieben

herr-buerli-2021-impressionen_41

Fabienne Stoll im «Kontrollraum» während eines Usability Testings

herr-buerli-2021-impressionen_40

Usability Lab: Die heutige Technik macht vieles leichter

herr-buerli-2021-impressionen_39

Zukunftstag im Effinger

herr-buerli-2021-impressionen_38

Pricing Workshop mit Peers

herr-buerli-2021-impressionen_37

Brownbag zu «Digitalem Nachlass» mit Barbara Sulzer

herr-buerli-2021-impressionen_36

Mein neues Büro mit modernster Ausstattung

herr-buerli-2021-impressionen_35

Effinger Website Sprint

herr-buerli-2021-impressionen_33

Usability bei Fernbedienungen: Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht.

herr-buerli-2021-impressionen_32

Habe immer wieder Freude daran, in der Innerschweiz das Logo anzutreffen, an dem ich mitgearbeitet habe.

herr-buerli-2021-impressionen_30

herr-buerli-2021-impressionen_29

Schönwettertage auf der Terrasse

herr-buerli-2021-impressionen_26

herr-buerli-2021-impressionen_44

Retrospektive mit Kollegin Fabienne Stoll

herr-buerli-2021-impressionen_27

Strasse wurde nach mir benannt

herr-buerli-2021-impressionen_46

Besuch von Kurtli (kurtli.com)

Herr Bürlis Forschungsanstalt

Dieses Jahr habe ich eine neue Abteilung bei Herr Bürli ins Leben gerufen – die hauseigene «Forschungsanstalt». Es ist mein Schutzraum für die Entwicklung von Methoden und Prozessen. Das jüngste Kind ist das «Brand Relationship Model». Damit lässt sich ermitteln, in welcher Beziehung Kund:innen zu einem Unternehmen stehen. Weiter arbeite ich an einem Modell, das bei der Nachfrage von Produkten helfen soll. Der Forschungssack ist also prall gefüllt, und es wird mir vorerst nicht langweilig werden…

Rund um den Effinger Coworking Space

Auch im Effinger Coworking Space, den ich mit fast dreissig Personen betreiben darf, sind wieder viele Projekte über die Bühne gegangen. Das Team rund um die Brownbags (unsere Mittagsveranstaltung zur Wissensvermittlung) hat sich mit Stefan und Tabea erweitert. Meine zwei Highlights im letzten Jahr waren der Brownbag zu «Digitaler Nachlass: Was passiert mit meinen Daten nach meinem Ableben?» meiner Kollegin Barbara Sulzer. Und «Entrepreneurial Journey of a Game Developer: From Fantasy to Reality» von Alexis Girard, der uns einen Einblick in die Entwicklung seines Games gab.

Die amüsantesten Momente im Effinger gibt es immer noch in den gemeinsamen Kaffeepausen. Einmal unterhielten wir uns über ein Video über die Künstlerbrüder Riklin, die mit ihrem Unternehmen «Atelier für Sonderaufgaben» die skurrilsten Projekte umsetzen – wie beispielsweise das 0-Stern Hotel. Wir beschlossen kurzerhand, mit ihnen in Kontakt zu treten. Nach dem ersten Gespräch waren wir schon Teil einer Kunstaktion. Ein tolles Erlebnis!

Die Pandemie spürten wir auch im Effinger deutlich. Um das Geschäft wieder anzukurbeln, drehten wir an ein paar Schrauben. Dazu gehörte die Optimierung unseres Webauftritts. Im Vorfeld führte ich ein paar Usability Tests durch, die uns aufzeigten, mit welchen kleinen, konkreten Schritten wir uns verbessern könnten – zum Beispiel damit, dass wir Fotos der Arbeitsplätze zeigen, so dass Coworker:innen wissen, wie es sich bei uns arbeitet. In einem kleinen Team brachten wir die Website innerhalb von zwei Tagen wieder auf Vordermann.

herr-buerli-2021-impressionen_42

Abschied von meinem langjährigen Kollegen & Freund Michi, der in die USA auswandert.

Gemeinsamständig unterwegs

Dieses Jahr hatte ich vermehrt Projekte mit meiner Kollegin Fabienne Stoll am Start. Sie bringt neben Themen wie UX & Research auch Kompetenzen in Kommunikation, Organisations- und Life Design mit, was in unseren Projekten einfach eine Freude ist!

Zwei Themen kristallisierten sich dieses Jahr heraus. Einerseits ist dies User Research, oder UX Research. Für viele Schweizer Firmen ist dieses Feld immer noch neu. Das zweite Thema ist die Organisationsentwicklung. Ich beobachte, wie Unternehmen bei Veränderungsprozessen immer wieder an ihre Grenzen stossen. Auf Marktdynamik wird mit bestehenden Werkzeugen reagiert und wenn das nicht funktioniert, wird der Kultur die Schuld zugeschoben. Das hat mich auf das Thema der Systemtheorie gebracht. Diese sagt im Kern aus, dass es eben nicht die Menschen sind, die wir ändern müssen, sondern die Systeme. Auch dies ist ein Thema, das ich in meiner Forschungsanstalt behandle.

Weiter freue ich mich, wieder neue Personen kennengelernt zu haben. Dazu gehören Menschen, die sich neu selbstständig gemacht haben, oder Agenturen, die auf der Suche sind nach Kompetenz in Sachen UX.

herr-buerli-2021-impressionen_28

Junior visualisiert komplexe Systeme

Familienleben

Mit dem Homeoffice haben wir dieses Jahr gespürt, dass unsere Wohnung an ihre Grenzen stösst. Nach langem Suchen sind wir fündig geworden und konnten aufs Jahresende hin umziehen. Weihnachten und Umzug – es gibt bessere Kombinationen… Aber dank der Hilfe von vielen Freundinnen und Freunden war auch dies zu schaffen. Diesen Jahresbericht schreibe ich von meinem neuen Büro aus. Ich werde aber weiterhin soviel wie möglich im Coworking anzutreffen sein.

Dieses Jahr ist mein Arbeitspensum auf 100% gestiegen. Für einen Unternehmer moderat – ich möchte aber auch unter der Woche wieder mehr Zeit mit meinem Sohn verbringen können, und deshalb nächstes Jahr ein bisschen reduzieren.

herr-buerli-2021-impressionen_31

User Research Kick-off mit Emmentaler und meiner Kollegin Fabienne Stoll

Botschafter für kreative Transformation

Je länger je mehr macht es mir Spass, mein Wissen in Kundenzentrierung, Innovation und Design weiter zu geben. Highlight war eine vierteilige Videoserie zu UX, die in Zusammenarbeit mit Jonathan Hess entstand. Weiter habe ich auf LinkedIn und Instagram Tipps, Beobachtungen und Methoden aus meinem Alltag geteilt. Dazu gab es auch ein paar Interviews in Podcasts und Live-Streams. Im Dezember schloss ich das Jahr mit einem spontanen Input zu UX für Studierende der Hochschule Luzern ab.

Eine Reaktion auf einen Post ist mir besonders geblieben. In einem kurzen Video dokumentierte ich meinen Versuch, online einen Betreibungsregisterauszug für die neue Wohnung anzufordern. Es war zum Mäuse melken – richtig kafkaesk! Auf LinkedIn meldeten sich daraufhin ein paar zustimmende Leidensgenoss:innen. Dann vergass ich den Post wieder, bis plötzlich mein Telefon klingelte. Es war der Projektverantwortliche des SECO. Das Gespräch war freundlich und amüsant.

Zahlen und Finanzen

Ein Spoiler gleich vorneweg: Mein Umsatz entspricht genau dem vom letzten Jahr – CHF 126’000. Ich bin dankbar, in den drei Jahren eine gewisse Stabilität zu erkennen. Für mich ist das Erwirtschaften von Geld ein Handwerk. Es ist gut zu wissen, wie es geht, und zugleich ist es immer nur Mittel zum Zweck. Oder wie mein Kollege Marco Jakob sagt, es ist eine Ressource, mit der es sorgsam umzugehen gilt.
8 Wochen Ferien – ich musste nachzählen.
40 Stunden Arbeitswoche durchschnittlich.
99 Posts auf Instagram und 122 Posts auf LinkedIn.
5 Projekte nicht erhalten, weil ich entweder zu teuer oder thematisch zu weit weg war.
8 Bücher gelesen – viel zu langsam für meine wachsende Leseliste.

 

herr-buerli-2021-impressionen_47

Weihnachtsapéro mit der Effinger Community am Lagerfeuer

Bye bye 2021, willkommen 2022

Spitzenkoch Humm hat auf die Turbulenzen der Zeit mit viel Mut geantwortet. Dies hat sich ausgezahlt – sein neues, veganes Restaurant wird mit Reservationen überhäuft. Mut zähle ich auch zu meinen Kernwerten. Mit dem Jahresbericht reflektiere ich nicht nur mein Jahr, sondern möchte Menschen für das Unternehmertum ermutigen.

Mein Geschäftsjahr und das vieler anderer Selbständigen feierten wir im Effinger am Lagerfeuer. Wir schauten zurück und erzählten uns unsere Erlebnisse. Für 2022 ist mein Köcher bereits reichlich gefüllt mit Projektideen.

Ich bedanke mich herzlich bei all meinen Kund:innen und Weggefährten. Ihr seid der Grund, warum ich mich jeden Montag Morgen auf die Woche freue. Ich wünsche allen einen tollen Start ins neue Jahr!

Herzlich, euer
Herr Bürli

Herr Bürlis News abonnieren