Es ist Montag Morgen um acht Uhr. Ihr trefft euch alle zum Produktstrategie-Meeting: dein Team, die Geschäftsleitung und du. Sind das wirklich alle? Nicht ganz! Jemand wichtiges fehlt im Raum – deine Kundschaft. Warum ihre Stimme wichtig ist und wie du sie verstehen lernst, erfährst du mit UX Research!
Wir wissen es eigentlich alle: Geschäftserfolg gibt’s nur dann, wenn wir die Bedürfnisse unserer Kund*innen genau kennen. Wenn wir ihren Alltag mit unseren Dienstleistungen und Produkten wirklich erleichtern. Aber wie kommen wir zu diesen so wichtigen Erkenntnissen? Wie können wir unsere Ideen einem Realitäts-Check unterziehen, und uns auf eine Lösung konzentrieren, die wirksam ist, bevor wir Budget und Ressourcen investieren und mit der grossen Kelle anrühren?
Es könnte so einfach sein: Fragen wir doch unsere Kundschaft, was sie will! Leider sagen Menschen das eine, tun dann aber das andere. Auch gesammelte Kundendaten aus dem CRM bringen uns oft nicht weiter. Daten alleine erzählen uns herzlich wenig über Menschen, wenn wir den Kontext nicht kennen.
UX Research schlägt eine Brücke
Stell dir vor, du möchtest ein Start-up im Bereich Mobilität starten. Bevor du aber ein Produkt lancierst, sprichst du mit Menschen auf der Strasse. Du beobachtest, wie sich Leute von A nach B bewegen. Dabei entdeckst du, dass in urbanen Gegenden viele Familien zwar kein eigenes Auto besitzen, punktuell jedoch darauf angewiesen wären. Gleichzeitig findest du heraus, dass es zahlreiche Autobesitzer*innen gibt, deren Fahrzeug die meiste Zeit unbenutzt in der Garage steht, und die die Fixkosten gerne teilen würden.
Wechseln wir die Szene und besuchen ein Unternehmen, das gerade die Firmenwebsite neu aufgegleist hat. Um das Projekt umzusetzen, wurde eine externe Web-Agentur hinzugezogen. Das präsentierte Konzept besticht zwar sehr, aber der Preis ist happig! Damit das Unternehmen sicher sein kann, dass die Website das gewünschte Ziel erreichen wird, legt es einen Zwischenschritt ein und lässt einen Prototypen mit Kund*innen testen. Dabei wird schnell klar, dass sowohl die Navigation als auch das Layout noch einmal angepasst werden müssen.
UX Research bedeutet, die Situation, das Verhalten und die Bedürfnisse von unterschiedlichsten Menschen verstehen zu lernen. In den zwei genannten Beispielen kamen erprobte UX Research Methoden zum Einsatz – sie nennen sich «User Interviews», «Shadowing» und «Usability Testing» . Die daraus gewonnen Erkenntnisse helfen, eine Geschäftsidee wie beispielsweise Carsharing zu entwickeln. Oder, wie im Beispiel der Website, die Benutzerfreundlichkeit und damit die Konversion zu steigern.
Ein Blumenstrauss voller Methoden
Grob unterscheide ich bei UX Research Projekten zwischen zwei Phasen: In der Phase «Entdecken» geht es darum, User, Produkte oder Organisationen besser zu verstehen und daraus Bedürfnisse und Chancen abzuleiten. Bei der zweiten Phase «Testen» wird eine bestehende Idee validiert und durch die gewonnen Erkenntnisse weiterentwickelt.
Innerhalb dieser Phasen gibt es zwei Ebenen: Auf der qualitativen Ebene werden eine kleine Zahl an Nutzer*innen vertieft befragt. Dabei erhalten wir Antworten zum «Warum». Beispielsweise, warum ich als Familienvater sporadisch ein Auto brauche und wie ich bisher dabei vorgehen muss, wenn ich eines mieten möchte.
Auf der quantitativen Ebene wird das Verhalten von Hunderten oder Tausenden von Nutzer*innen analysiert. Dabei erhalten wir Antworten zum «Was». Beispielsweise ermitteln wir mit Analytics-Daten, ob unsere Kund*innen unsere App kaufen, wann sie diese verwenden und wie sie sich darauf bewegen.
Eine UX Research Expert*in kann dich darin beraten, welches Vorgehen sich für deinen Fall am Besten eignet und wie viel Budget und Ressourcen du benötigst. Viele Methoden lassen sich mit Übung erlernen. Ich bin überzeugt, dass jedes Unternehmen von einem UX Mindset profitiert und dies deshalb auch in die DNA aufnehmen sollte.
Wie läuft ein UX Research Projekt ab?
Die meisten UX Research Projekte teile ich in vier Schritte ein: Kick-off, Planung, Panel und Synthese. Schauen wir uns ein Beispiel an: Ein Unternehmen startet ein Plattform-Projekt zum Thema «Nachbarhilfe» und möchte kundenzentriert vorgehen.
In einem Kick-off Workshop klären wir, was das Unternehmen herausfinden möchte – beispielsweise, das Bedürfnis für eine solche Plattform vorab zu testen. Gemeinsam legen wir das Vorgehen fest: Interviews mit 5 Personen (qualitativ) und ein Social Media Experiment (quantitativ), wo wir die Nachfrage mit vielen Usern validieren. Wir definieren mögliche Nutzerprofile (Personas) und einigen uns auf das nötige Budget.
Im zweiten Schritt suchen wir passende Testpersonen. Für die Interviews erarbeiten wir ein Skript und organisieren passende Räumlichkeiten. Für das Social Media Experiment gestalten wir Ads und setzen die Kampagne auf.
Am Tag der Panels führt die UX Research Person die Interviews durch. In einem zweiten Raum ist das Team versammelt, verfolgt die Interviews über einen Screen und macht sich Notizen.
Zeitnah findet ein Synthese-Workshop statt, in dem wir die Erkenntnisse der Interviews sammeln, gruppieren und priorisieren. Zusammen aus den Daten des Social Media Experiments priorisieren wir die wichtigsten Erkenntnisse und legen wirksame Massnahmen fest. Diese können von einer kompletten Neuausrichtung der Geschäftsidee bis hin zu kleinen Anpassungen in der App reichen. Zudem klären wir, ob später weitere solche Sessions angesetzt werden sollen. Idealerweise werden sie zu einem festen Bestandteil des Projektes.
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Was kostet UX Research?
Wenn es um den Preis von UX Research geht, kehre ich die Frage gerne um: Was kostet es dich, es nicht zu tun? Dazu zitiere ich Clare-Marie Karat, eine ehemalige Researcherin bei IBM: «Jeder in UX Research investierte Dollar spart 10 Dollar in der Entwicklung und 100 Dollar im zukünftigen Unterhalt.»
Als Faustregel empfehle ich, 10 – 20% des Projektbudgets für User Research zu verwenden. Je höher das Projektrisiko, desto höher der Anteil. UX Research ist in der Praxis gut plan- und kalkulierbar. Deshalb ist es eine sichere Investition, die sich auch mit überschaubaren Budget realisieren lässt.
Klarheit für deine Entscheidungen gewinnen
Vertrauen auf das eigene Bauchgefühl ist vor allem dann irreführend, wenn du etwas für Menschen ausserhalb deiner Organisation entwickelst. Geprägt von unseren eigenen Vorstellungen, Erfahrungen und auch Vorurteilen entscheiden wir oft am Menschen vorbei. UX Research bietet diesen Realitätscheck, indem es den Zielgruppen eine Stimme verleiht. Es bezieht die mentalen Modelle, Gewohnheiten, Beziehungen und auch die physische Umwelt mit ein.
Zum Schluss ein Gedanke, inspiriert von Hannah Arendt: «Eine Idee kann zwar schlüssig, aber fern von der Realität der Menschen sein.»
Möchtest du UX Research in deinem Projekt erleben?
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